
Die Digitalisierungswelle hat schon lange das Lizenzmanagement erreicht. Zunehmend wird in diesem Zusammenhang Kritik aus den Fachbereichen vernehmbar, IT- und Lizenzmanagement würden Vorhaben zur Digitalisierung mit Ihrer schwerfälligen Organisation und wenig flexiblen Prozessen ausbremsen und die internen Kosten nur unnötig in die Höhe treiben.
Wenn möglich, wird vernommen, würde man vielerorts die Sache gerne selbst in die Hand nehmen und hat dies auch schon getan.
Ein Zugang zum Web sei vorhanden und die Nutzeradministration könne man eigenverantwortlich sicherstellen.
Hersteller und Provider vermitteln zusätzlich den Eindruck, dass ihre Lösungen schnell, transparent und kostengünstig eingerichtet und betrieben werden können. Auf „Risiken und Nebenwirkungen“ wird nicht verwiesen.
So einfach ist das aber nicht. Das Gespenst Schatten-IT geht um.
Fallstricke und Anforderungen an den Betrieb
Lenken Sie die Aufmerksamkeit in Ihrer Organisation auf folgende „Fallstricke“ und Anforderungen an den laufenden Betrieb und machen Sie klar, welche Risken bei Alleingängen einzelner Fachabteilungen auf Ihr Unternehmen zukommen:
Fallstrick Zeit
Auffällig ist, dass im Zusammenhang mit entsprechenden Vorhaben in der Regel immer ein enormer Zeitdruck aufgebaut wird. Oberflächlich betrachtet durch die anfordernde Abteilung, oft wird dieser Druck aber von den Herstellern erzeugt.
„Unterzeichnen Sie jetzt, unser Angebot gilt nur bis zum 31.07.xxxx!“ Als Begründung wird der anstehende Geschäftsjahresabschluss des Herstellers oder eben eine Promo angeführt, die just Ende des Monats ausläuft.
Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen! Wenn eine Software ohne Genehmigungs- und Testverfahren, ohne eine Beurteilung der Lösung durch IT Security und Data Privacy genutzt wird, entstehen Angriffspunkte für Schadsoftware und der Schutz sensibler Daten kann nicht gewährleistet werden.
Die Nutzung eigener Budgets der Fachbereiche für SaaS-Lösungen oder noch schlimmer die Abrechnung über die Firmenkreditkarte führen zu Intransparenz über die IT-Kosten des Unternehmens.
Fallstrick Dimensionierung
Nehmen Sie sich die erforderliche Zeit für die Ermittlung der Lizenzbedarfe sowie der Ausstattung erforderlicher Technologien.
Lassen Sie sich beim Thema Lizenzbedarf nicht zu früh in die Karten schauen. Stapeln Sie tief, der Einkauf wird es Ihnen danken.
Sobald der Hersteller ein ungefähres Bild über ihren quantitativen Bedarf an Lizenzen hat, kommen die Rabattstaffeln zum Einsatz. In der Regel kann der tatsächliche Bedarf bei einer neuen Lösung nicht immer genau bestimmt werden.
Das ist jedem klar, aber die Hersteller haben oft kein Interesse an einer belastbaren Dimensionierung. Schnell wird festgestellt: „Wenn Sie nur xxx Lizenzen zusätzlich ordern, können wir Ihnen eine noch interessantere Preisstaffel anbieten“.
Zur Dimensionierung gehört auch eine Bestimmung der technischen Leistungsmerkmale, wie z.B. Leitungskapazitäten und Verfügbarkeitsanforderungen. Daher ist hier die Einbindung Ihrer IT-Infrastruktur zwingend erforderlich. Und ja, hier entstehen möglicherweise zusätzliche Kosten für Ihr Unternehmen, welche die Softwarehersteller gerne auf „bereits bestehende Kosten“ reduzieren.
Fallstrick Laufzeiten
Längere Laufzeit = günstigere Konditionen. Das ist nachvollziehbar. Jedoch haben wir es in der Regel mit nicht etablierten Lösungen zu tun, deren Nutzen, Akzeptanz und Bedarf sich im laufenden Betrieb erst noch zeigen müssen. Man kann auf keinerlei Erfahrungswerte zurückgreifen.
Verzichten Sie, wenn möglich, auf längere Laufzeiten. Ggf. wäre eine stufenweise Anpassung der Laufzeit(en) und Konditionen sinnvoll. Ein kundenorientierter Hersteller findet hier eine Lösung.
Fallstrick Technik
Wir kennen dieses Phänomen von anderen Softwarelösungen. Eine Software wird installiert und eingerichtet. In der Administratorkonsole wird aus Versehen oder Unkenntnis eine Funktionalität oder ein Lizenztyp aktiviert, dessen Nutzung nicht Bestandteil der vertraglichen Vereinbarung ist. Die Erfahrung zeigt: Hersteller unterbinden diese Möglichkeit nicht.
Da SaaS-Software in der Infrastruktur des Herstellers betrieben wird, hat dieser unmittelbaren Zugriff auf alle Konfigurationen und Nutzungen der Software, so dass die geschilderten Fehler direkt zu Nachforderungen führen werden.
Selbstverständlich sollte sein, dass Software nicht „einfach so“ bereitgestellt wird. IT- und Lizenzmanagement sind mit diesen Anforderungen vertraut und beraten gerne.
Fallstrick Vertragsanpassungen
„Unser Mutterhaus sitzt in den USA. Die sind da knallhart, was Vertragsanpassungen angeht, da ist nichts möglich!“
Wie oft haben wir das gehört. Die Realität ist: Es geht immer etwas. Entgegen allen Ankündigungen sind Vertragszusätze mittlerweile auch bei den großen Herstellern möglich.
Aber wo lohnt es sich abweichend vom Standardvertrag etwas gesondert zu vereinbaren?
- Wir hatten bereits die Themen Dimensionierung und Laufzeiten erläutert. Phasen- oder Stufenpläne verdienen es gesondert bewertet und verhandelt zu werden.
- Regelungen und Konditionen für unterjährige Zukäufe sind ein weiteres großes Thema. Beachten Sie hier auch bitte Laufzeitharmonisierungen oder nachträgliche Einbindungen von Konzerngesellschaften.
- Folgendes Szenario: Frau Schmidt wechselt die Abteilung, Herr Meier übernimmt ihre Aufgaben. Also wird die erforderliche Lizenz auf Herrn Schmidt übertragen. Nun gibt es Hersteller, die für diesen Geschäftsvorfall eine zusätzliche Lizenz verlangen. Die Lizenz von Frau Schmidt ist nicht mehr nutzbar! Das ist nicht akzeptabel.
Was ist noch im laufenden Betrieb zu beachten
- Ein regelmäßiges internes Vertragsreview. Proaktiv gemeinsam mit Verantwortlichen der nutzenden Abteilungen und des Lizenzmanagements. Warten Sie nicht bis zur vereinbarten Systemvermessung, damit dem Anbieter nicht mehr Rechte zustehen als notwendig.
- Wo stehen wir: Erworbene Lizenzen versus tatsächlichen Bedarf? Wer nutzt seine Lizenzen und in welchem Umfang? Natürlich sollten so auch erforderliche Nachlizenzierungsbedarfe identifiziert werden.
Wie schaffe ich Transparenz in der SaaS-/Web Umgebung?
SaaS- und Web-Applikationen: Eine zunehmende Anzahl dieser Produkte werden nicht zentral über die IT beschafft und betreut und entziehen sich damit der Überwachung des Lizenzmanagements. Die meisten Lizenzmanager sind daher nicht auskunftsfähig, wenn es um die Frage geht, was in welchen Umfang wo eingesetzt wird. Wie kann da die dringend erforderliche Transparenz herstellt werden?
Aber es gibt ja seit neuestem auch hierfür technische Lösungen.
Der Leser ahnt schon, dass dies nicht so einfach sein kann. Liefern die angebotenen Tools die Informationen belastbar und umfänglich, so wie diese benötigt werden?
Wie gewinnen die Tools diese Daten und geht es dabei immer im Einklang mit Security- und Datenschutzrichtlinien einher?
Zeit für einen Folgeartikel. Unsere Experten melden sich hierzu in Kürze.
Der Autor
Volker Löffler– von Strünk
Co-Founder der SAMtoa GmbH