Vertragsverhandlungen mit SAP sind nie einfach. In den meisten Fällen besitzt SAP eine Monopolstellung, da Sie als Kunde selten eine Alternative haben. Wenn 50 neue SAP-User-Lizenzen benötigt werden, kann ich die eben nur bei SAP (oder über einen SAP-Partner) bekommen.
Das macht es schwer Verhandlungserfolge zu erzielen. Meist ist man schon froh, wenn der Standardrabatt gewährt wird. Darüber hinaus ist ein Entgegenkommen des SAP-Vertriebs nur möglich, wenn mehr oder etwas anderes gekauft wird, als Sie eigentlich wollten. „Sie wollen User-Lizenzen? Dann schließen Sie doch ein Abo für SAP Concur ab und bekommen einen Sonderrabatt bei den User-Lizenzen“.
Im Folgenden werde ich für verschiedene Situationen beschreiben, welche Punkte besondere Aufmerksamkeit in den Vertragsverhandlungen brauchen, um bestmögliche Vereinbarungen zu erzielen. „Bestmöglich“ heißt dabei nicht nur niedrige Preise zu bekommen, sondern in der Zukunft flexibel reagieren zu können oder unklare Regelungen beseitigt zu haben.
Nachkauf (Kauf zusätzlicher Mengen)
Die Metriken der SAP-Produkte sind oft nur sehr ungenau definiert. Jeder Nachkauf bietet eine Gelegenheit hier nachzubessern. Drängen Sie auf eine verständliche und eindeutige Festlegung im Nachkaufvertrag. Dazu gehört
a) Was wird vermessen?
Z.B. bei der Metrik „Spend Volume“: zählt das Ausgabevolumen des gesamten Konzerns, das der legalen Einheit, in der das Produkt eingesetzt wird oder nur das Volumen, dass über das Produkt verarbeitet wird?
Die gleichen Unklarheiten gibt es oft auch bei den Metriken „Employees“ oder „Revenue“.
b) Wie wird es vermessen?
Im Vertrag sollte die Grundlage zur Vermessung eindeutig festgelegt sein. In der Vergangenheit hat SAP oft einseitig die Berechnungsmethode geändert. Wenn die Vermessungsdetails im Vertrag geregelt sind, müssen nachträgliche Änderungen schriftlich vereinbart werden.
c) Was passiert, wenn sich die Metrik ändert?
Ich habe oft erlebt, dass ein Kunde ein Produkt zu verschiedenen Zeitpunkten mit verschiedenen Metriken erworben hatte, z.B. mit „User“-Metrik und später mit „Number of Objects“. Solche Situationen sollten schon beim Initialkauf geregelt werden, z.B. dass Nachkäufe in derselben Metrik unbegrenzt möglich sein müssen. Beim freiwilligen Wechsel auf die neue Metrik muss das lizenzierte Volumen der alten Metrik so umgerechnet werden, dass ohne Mehrkosten der gleiche geschäftliche Nutzen erzielt werden kann. D.h., wenn ich in der Vergangenheit mit 50 Usern 10.000 Objekte im Jahr bearbeiten konnte, muss ich in der neuen Metrik mindestens 10.000 Objekte für meine Altlizenzen bekommen – unabhängig vom Preis.
Zukauf (Kauf neuer Produkte)
Auch hier gilt zunächst das Gleiche wie beim Nachkauf. Die Unklarheiten müssen vertraglich beseitigt werden.
Darüber hinaus sind folgende Punkte zu beachten:
a) „Roll-Out“-Vereinbarungen
In den seltensten Fällen wird die gesamte Lizenzmenge beim Vertragsabschluss benötigt. SAP-Produkteinführungen dauern gerne mal 1-2 Jahre. Wenn gleich zu Beginn die vollständige Menge lizenziert wird, muss auch dafür schon Wartung bezahlt werden – ohne, dass man einen Gegenwert dafür erhält. Auch Roll-Out-Vereinbarungen mit festen Terminen sind noch nicht optimal, da sich Projekte gerne verzögern. Versuchen Sie den Kaufzeitpunkt im Vertrag an Projektmeilensteinen zu knüpfen.
b) Zukunftssicherung
Langjährige SAP-Kunden kennen das: Ein Produkt, welches man erworben hat, wird aus der Preisliste genommen. Dafür gibt es anschließend ein Nachfolgeprodukt, das jedoch auch noch einige andere Features hat. SAP möchte in diesen Fällen bei Nachkäufen die Gesamtmenge neu lizenziert haben. Es handele sich schließlich um ein neues Produkt. Bei Vertragsabschluss sollte man sich das Recht sichern, kostenfrei auf Nachfolgeprodukte wechseln zu können.
Stilllegung
Das Recht nicht genutzte Produkte stilllegen zu dürfen, muss in jedem Vertrag geregelt sein. Sonst sind Sie abhängig davon, dass SAP dem zustimmt – wird das ohne Gegenleistung erfolgen?
Neben dem Aufspüren von Produkten, die nicht mehr genutzt werden, sollte auch regelmäßig geprüft werden, ob die einmal lizenzierten Produkte überhaupt noch in der Preisliste sind. Falls nicht, kann es sein, dass die Funktionalität inzwischen in anderen Produkten enthalten ist (z.B. ist das „Records Management“ jetzt in der Netweaver-Lizenz enthalten). Die erworbenen Lizenzen sind damit unnötig. Ohne Stilllegung zahlt man weiterhin Wartung für etwas, das es als Produkt gar nicht mehr gibt.
Mit einer Stilllegung reduziert man die Wartungskosten, der Investitionswert des Produktes geht jedoch verloren. Es lohnt sich daher die SAP-Extension-Policies zu prüfen. Manchmal kann Shelfware beim Kauf neuer Produkte angerechnet werden.
Cloud-Verträge
Die Zukunft sieht SAP in der Cloud. Zu lukrativ sind die Gewinnmargen in diesem Bereich. Zugegeben, auch für SAP-Kunden bietet diese Architektur Vorteile. Aber Achtung, es handelt sich um komplett neue Vertragsformen mit neuen AGBs. Es lohnt sich, sich mit diesen zu beschäftigen.
Cloud-AGBs:
Einige Auszüge:
- „SAP ist berechtigt, die Vertragsgemäßheit der Nutzung des Cloud Service, insbesondere die Einhaltung der vereinbarten Nutzungsmetriken und –volumen zu überprüfen. „
- „SAP hat das nicht-ausschließliche Recht, Auftraggeberdaten … zur Überprüfung der Einhaltung der Regelungen des Abschnitts 2 durch den Auftraggeber zu verwenden. „
Damit sichert sich SAP den Zugriff auf alle Daten des Kunden in den Cloud-Anwendungen, solange es der Lizenzüberprüfung dient. Vorbei die Zeiten, in dem der Kunde selbst bestimmen konnte zu welchem Zeitpunkt, welche Daten bereit gestellt wurden. SAP kann jederzeit die korrekte Lizenzierung überprüfen und direkt eine Nachlizenzierung verlangen.
Wenn Sie diese Regelung ohne Einschränkung akzeptieren, setzen Sie sich selbst in den Zwang permanent die Nutzung zu überwachen, inaktive Accounts zu löschen, Mitarbeiter zu sensibilisieren, neue Funktionen nur nach Absprache zu nutzen.
Vertragsänderungen:
Mit Cloud-Verträgen erwerben Sie nur ein zeitlich befristetes Nutzungsrecht, im Gegensatz zu den klassischen On-Premise-Lizenzen. Das macht einen großen Unterschied. Am Ende der Laufzeit endet entweder die Nutzung oder Sie müssen einen Verlängerungsvertrag abschließen. Die Vertragsbedingungen kann SAP zu diesem Zeitpunkt völlig neu bestimmen. Bei jeder Vertragsverlängerung sind umfangreiche Änderungen (Funktionalität, Metrik, Preis) möglich. Da Sie bereits in der Produkteinführung viel investiert haben, haben Sie nur wenig Möglichkeiten dem zu widersprechen.
Vendor-Lock-In
Unternehmenskritische Prozesse in Cloud-Anwendungen abzubilden, führen zu einer hohen Bindung an den Anbieter. Schon bei On-Premise-Installationen von SAP ist der Wechsel zu einem anderen Anbieter langwierig, riskant und teuer. In der Cloud verlieren Sie mit Kündigung des Vertrages die Möglichkeit auf Ihre Daten zuzugreifen. Viele Daten müssen aus gesetzlichen Gründen lange aufbewahrt werden. D.h. auch alle historischen Daten müssten Sie in eine neue Umgebung überführen. Für den gesamten Migrationszeitraum muss die alte Cloud-Anwendung weiter bezahlt werden. Dadurch erhöht sich Ihre Abhängigkeit vom Anbieter.
Wichtig ist, bei Vertragsabschluss daran zu denken, was passiert, wenn Sie den Vertrag beenden. Für diesen Fall sollten Sie kreative Lösungen finden, z.B.:
- Sie können versuchen SAP vertraglich zu verpflichten einen vollständigen Datenexport zu unterstützen.
- Für einen möglichen Migrationszeitraum können reduzierte Subscription-Gebühren vereinbart werden.
Rise With SAP
Woraus besteht „Rise with SAP“
Mit „Rise with SAP“ möchte SAP ihr Cloud-Geschäft ankurbeln. Unter einem Vertrag (mit SAP) werden Softwarelizenzen, Cloud-Infrastruktur und Dienstleistungen gebündelt.
Im Detail sind diese Komponenten Bestandteil eines „Rise with SAP“-Vertrages:
- Migrationstools
- S/4HANA Cloud
- Business Technology Platform
- SAP Business Network Starter Pack
- Ariba Business Network (<= 2000 purchase orders or invoices)
- Asset Intelligence Network
- Logistics Business Network
- Business Process Intelligence Starter Pack
- SAP Process Insights: 50 GB with one-time load only
- SAP Signavio Process Manager: 3 users
- SAP Signavio Process Collaboration Hub: 10 users
- Full Use Equivalents (Userlizenzen)
- SLA, Support und Betrieb vertraglich von einem Partner
Worauf ist zu achten?
Zunächst ist „Rise with SAP“ ein Cloud-Vertrag. Damit gelten alle Punkte des vorherigen Kapitels.
Für alle Komponenten haben Sie nur einen Vertragspartner – SAP. Sie haben damit nicht mehr die Möglichkeit mit verschiedenen Infrastrukturanbietern oder Dienstleistern zu verhandeln. SAP bekommt damit eine noch stärkere Monopolstellung. Auf der anderen Seite macht das für Sie die Verhandlungen einfacher.
Die beiden enthaltenen Starter Packs muss man als Freemium-Modell bewerten. Der begrenzte Nutzungsumfang kann dazu dienen die Tools auszuprobieren. Für eine ernsthafte Nutzung im Unternehmen muss man zusätzliche Lizenzen erwerben.
Die „Full-Use-Equivalents“ sind eine flexible Möglichkeit User-Lizenzen für verschiedene Usertypen zu verwenden. Bei einem „Rise with SAP“-Vertrag muss man sich nicht festlegen, in welchem Verhältnis die verschiedenen Usertypen stehen. Allerdings ist die Definition der Usertypen unterschiedlich zu anderen SAP-User-Preislisten. Das macht es schwierig die Anzahl der benötigten „Full-Use-Equivalents“ zu bestimmen. Hier sollte man sich nicht auf Schätzungen der SAP verlassen. Sie als Kunde bleiben verantwortlich für die richtige Lizenzierung.
Mit einem „Rise with SAP“-Vertrag lizenziert man auch „Digital Access“, das Lizenzmodell für den indirekten Zugriff auf SAP-Funktionen. Sie sollten sich darüber im Klaren sein, dass alle Schnittstellen von Non-SAP-Systemen die Daten in SAP anlegen, dann nach Anzahl der angelegten Belegpositionen lizenziert werden müssen.
Dies betrifft genauso alle Belege, die mit Eigenentwicklungen über die Business Technologie Platform angelegt werden.
Vertraglich stellt „Digital Access“ eine große Herausforderung dar, da nur sehr vage Schätzungen möglich sind, in welchem Umfang lizenzpflichtige Belege entstehen. Damit sich daraus keine unkalkulierbaren Risiken ergeben, sollten Sie Kostenbegrenzungen im Vertrag verankern.
S/4HANA-Vertragsmigration
Das neue Kernprodukt von SAP ist S/4HANA. Die Vorgängersoftware SAP R/3 oder SAP ECC ist nur noch bis 2027 in der Standardwartung. Bis 2030 müssen alle SAP-Kunden auf die neue Version migriert sein. Technisch ist das eine Riesenherausforderung. Kaufmännisch kann die Umstellung jederzeit vorgenommen werden. Für den gesamten Migrationszeitraum gewährt SAP seinen Kunden ein „Dual-Use-Right“, d.h. die neuen S/4HANA-Lizenz dürfen auch verwendet werden, wenn ich noch im ECC arbeite. Grundsätzlich haben SAP-Bestandskunden zwei Möglichkeiten die Migration kaufmännisch vorzunehmen:
a) Product Conversion
Die „Product Conversion“ ist zunächst unkritisch zu bewerten. Mit einer kleinen Gebühr von € 9.000 gewährt SAP einem das Recht alle bisher erworbenen Nutzungsrechte in die S/4HANA-Welt zu übernehmen.
Engines, für die es im S/4HANA Nachfolgeprodukte gibt, können einzeln getauscht werden. Dabei werden die gezahlten Lizenzpreise zu 100% auf den Kauf der neuen Produkte angerechnet.
Sie können im Rahmen einer „Product Conversion“ auch eine Vertragskonsolidierung vornehmen, um die Vertragshistorie aufzuräumen und ein bessere Transparenz herzustellen.
Wir empfehlen dabei die Vorschläge zu Nachkauf, Zukauf, Stilllegung zu berücksichtigen. Sie bekommen damit mehr Eindeutigkeit und Sicherheit mit dem neuen Vertrag.
b) Contract Conversion
Mit der „Contract Conversion“ werden alle alten Verträge mit SAP ungültig. Es wird eine völlig neue Produktkonfiguration aus der aktuellen Preisliste zusammengestellt. Alle alten Lizenzen werden zum Vertragspreis angerechnet. Für den neuen Vertrag gelten die Bedingungen der S/4HANA Produkte, auch wenn noch im ECC gearbeitet wird. Es ist also essenziell zu prüfen, in welchen Punkten sich Veränderungen ergeben. Das kann Funktionsumfang, Metrik oder Nutzungseinschränkungen betreffen.
SAP rechnet bei einer „Contract Conversion“ die Altlizenzen nur bis maximal 90% des neuen Vertragswertes an. Wenn Sie keine Altlizenzen verschenken wollen, muss der neue Vertrag also mindestens um 11,11 % teurer sein.
Nach einer „Contract Conversion“ gibt es nur noch 4 neue Usertypen (Professional, Functional, Productivity, Developer). Vor Abschluss des Vertrages muss geprüft werden, in welcher Konfiguration die neuen Typen benötigt werden. Dies kann eine umfangreiche Aufgabe sein, solange Sie kein Tool eines Drittanbieters nutzen.
Im Vertrag sollte außerdem geregelt werden, was mit ECC-Produkten passiert, für die es noch kein S/4-Nachfolgeprodukt gibt. Mit Verfügbarkeit des Nachfolgeproduktes kann es zu erheblichen Mehrkosten kommen, wenn man diesen Vorgang nicht bereits im Conversion-Vertrag geregelt hat.
Bei einem S/4HANA-Vertrag ist auch „Digital Access“ immer ein Thema. Hier gilt es Vorkehrungen zu treffen, um zukünftige Risiken zu minimieren.
Da eine Migration auf S4/HANA lange dauert, können Sie zu Beginn nicht abschließend wissen, welche Produkte Sie in welchem Umfang nutzen werden. Deshalb sollten Sie ein Konfigurationsrecht für die gesamte Dauer der Migration vereinbaren.
Wir empfehlen auch bei der „Contract Conversion“ die Vorschläge zu Nachkauf, Zukauf, Stilllegung zu berücksichtigen.
Da SAP S/4HANA zur Erfolgsgeschichte machen möchte, können Sie aktuell hohe Rabatte verhandeln. Diese sollten Sie sich auch für Folgekäufe zusichern lassen.
Unsere Empfehlung für erfolgreiche Verhandlungen mit SAP:
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Der Autor
Wolfgang Stratenwerth
Geschäftsführer und Lizenzexperte der SAMtoa GmbH