Im Februar 2015 wurde die erste Version von S/4HANA released. 23 Jahre nach dem Markstart von SAP R/3 will SAP sich und ihre Kunden mit einer neuen Softwaregeneration für die Zukunft rüsten. Der Name drückt bereits aus, dass die Software nur auf der hauseigenen Datenbank HANA lauffähig ist. Andere Datenbankhersteller bleiben außen vor.
Das „S“ in S/4HANA steht für Simple … es sollte alles einfacher werden ….
Seit der Ankündigung SAP R/3 (SAP ECC) nicht mehr weiterzuentwickeln und die Wartung 2025 beenden zu wollen, ist die Verwirrung bei SAP-Kunden groß. Wie soll der Umstieg auf die neue Software technisch bewältigt werden? „Greenfield“, „Brownfield“, „Bluefield“ – wenn man den Analysten und Strategieberatern zuhörte, könnte man glauben es handelt sich um eine Frage der richtigen Farbe. So schwierig es ist die SAP-Software gegen ein Konkurrenzprodukt auszutauschen, so schwierig stellt sich auch die Umstellung auf die neue Softwaregeneration dar. Bis Februar 2020 hatten gerade einmal 13.800 Kunden – von über 380.000 – einen S/4-Vertrag abgeschlossen. Die wenigsten von ihnen konnten die alte Software bereits abschalten.
Was war noch das Ziel? „S“ wie Simple sollte alles werden …
SAP blieb nichts anderes übrig, als das Wartungsende für R/3 um zwei Jahre zu verlängern, mit dem teuren Extended Support sogar bis 2030.
Was wird aus den „alten“ SAP-Lizenzen
Neben den technischen Herausforderungen fragte sich auch so mancher Kunde, was denn mit den teuer erworben und seit Jahren unter Wartung stehenden R/3-Lizenzen wird. SAP stellt sich auf den Standpunkt, dass es sich bei S/4HANA um eine komplett neue Software handelt, die neu zu lizenzieren wäre. Allerdings sah man wohl die deutliche Gefahr, dass dann die Kunden auch zum Wettbewerber gehen könnten.
„S“ wie Simple sollte auch der Lizenzumstieg werden …
Die Product Conversion
Zunächst wurde ein neues Produkt erfunden – „S/4HANA Enterprise Management for ERP Customers“. Eine Funktionsbeschreibung sucht man vergeblich. Dieses Package existiert nur auf dem Papier. Jeder SAP-Bestandskunde kann es erwerben, um damit seine erworbenen Alt-Lizenzen auch für S/4HANA nutzbar zu machen. Das klingt wirklich einfach. Für SAP eine lukrative Zusatzeinnahme: Jeder Kunde, der noch zögert, vertraglich in die S/4HANA Welt zu migrieren, zahlt einmalig einen „kleinen Betrag“. Damit darf er erstmal weiter arbeiten wie bisher und einzelne Produkte aus der S/4HANA-Welt ausprobieren. Bei 380.000 Kunden summiert sich dieser kleine Betrag schnell zu einem dreistelligen Millionenbetrag, auf dem dann auch noch jährliche Wartung erhoben wird.
„S“ wie Simple ist das Geldverdienen für SAP geworden …
Dieses Package für Bestandskunden ist die Grundlage der „Product Conversion“. Alle Produkte, die in der R/3-Welt gekauft wurden und für die es in der S/4HANA-Welt eine Entsprechung gab, dürfen während der Migration in beiden Welten genutzt werden. Das betrifft insbesondere die User-Lizenzen. Es ist ein großer Vorteil für Kunden, die in der Vergangenheit maßgeschneiderte Sondernutzer zu günstigen Preisen vereinbaren konnten. Der Name „Product Conversion“ kommt daher, dass Produkte, für die es in der neuen S/4-Welt keine Entsprechung gibt, in das jeweilige Nachfolgeprodukt konvertiert werden können. „Conversion“ bedeutet in der einfachen S/4-Welt aber nicht „Tausch“, wie man geneigt ist zu glauben. Nein, der gezahlte Kaufpreis mit allen Rabatten wird lediglich beim Kauf des Nachfolgeproduktes angerechnet. Der Preisnachlass für das Nachfolgeprodukt muss neu verhandelt werden. In der Regel ist das neue Produkt deutlich teurer – es handelt sich schließlich um eine moderne in-memory Software.
Trotzdem ist die „Product Conversion“ der Faustpfand für SAP-Kunden in den Verhandlungen mit SAP, wenn es um die „Contract Conversion“ geht.
Die Contract Conversion
Das Ziel von SAP ist mit S/4HANA auch kaufmännisch alle alten Zöpfe abzuschneiden. Mit einer Vertragskonsolidierung auf Basis der S/4HANA-Preis- und Konditionenliste, sollten alle individuellen Sonderrechte bei Kunden aufgehoben werden. Wenn schon der einzelne Kunde kaum vorhalten konnte welche Nebenabreden in den letzten 20 Jahren getroffen wurden, so war es für SAP schlicht unmöglich, dies für Hunderttausende Kunden zu überwachen.
Mit einer „Contract Conversion“ soll ein Schlussstrich unter der Vertragshistorie gezogen werden. Jeder Kunde soll die SAP-Software auf Basis der gleichen Rechte nutzen.
„S“ wie Simple sollte es für SAP werden, die Nutzung ihrer Software zu überwachen und neue Produkte zu verkaufen.
Dieses Ziel von SAP hat jedoch auch Vorteile für Bestandskunden. In Verhandlungen über eine „Contract Conversion“ habe ich erlebt, dass SAP bereit war Zugeständnisse zu machen, die vorher undenkbar waren.
Wie stellt sich SAP eine „Contract Conversion“ vor:
Es wird ermittelt wieviel der Kunde für seine SAP-Software ausgegeben hat, die aktuell noch unter Wartung ist (Achtung: Produkte von Dritten, die über SAP erworben wurden, zählen nicht mit). Dieser Betrag, unter Berücksichtigung aller Rabatte, wird für den Neukauf der Produkte aus der S/4HANA-Preisliste angerechnet.
Ein Vorteil ist, dass bei der Anrechnung auch alle Produkte berücksichtigt werden können, die nicht mehr oder in geringerem Umfang genutzt werden („Shelfware“).
Der angerechnete Betrag darf jedoch nur 90% der neuen Kaufsumme ausmachen. Die Anrechnung der Shelfware stellt nur dann ein Nutzen dar, wenn sowieso zusätzliche SAP-Software gekauft werden soll. Sonst führt sie nur dazu, dass man neue unnötige Produkte beschafft.
Was sind die kritischen Punkte einer Contract Conversion?
- Der Kunde muss wissen, welche S/4-Produkte er zur Abbildung seiner Prozesse benötigt. Wer hier Fehler macht, muss später nachkaufen und unterschätzt bei Vertragsabschluss die Kosten. SAP bietet hier einige Hilfsmittel wie den „SAP Transformation Navigator“ an. Die neuen S/4-Produkte sind jedoch nur selten mit dem gleichen Funktionsumfang ausgestattet, wie ihre Vorgängerprodukte.
- Die neuen Nutzertypen für Named-User Lizenzen unterscheiden nur noch 4 Anwendungsszenarien: Developer Use, Professional Use, Functional Use und Productivity Use. Die Erfahrungen zeigen, dass eine Neuzuordnung auf Basis der benutzten Funktionen im SAP-System meist zu einer deutlichen Verteuerung führen. Es ist eine genaue Analyse und Simulation des neuen Lizenzmix notwendig. Eine pauschale Zuordnung Employee und ESS Nutzer zu Productivity Use, Professional Nutzer zu Professional Use und der Rest zu Functional Use klingt einfach („S“ wie Simple), führt in der Regel aber zu Fehllizenzierungen.
- Integraler Bestandteil des S/4-Lizenzmodells ist der „Digital Access“. Sobald man dieses Produkt lizenziert hat, stimmt man zu, dass Belege, die über Schnittstellen aus Non-SAP-Systemen importiert werden, lizenzpflichtig sind. Nach deutschem Recht ist es sehr umstritten, ob SAP berechtigt ist für diese „indirekte Nutzung“ ein zusätzliches Nutzungsentgelt zu verlangen. Für viele SAP-Kunden war und ist dies ein Grund keine Contract Conversion durchzuführen. Es gibt jedoch erste Erfahrungen, dass SAP auch hier gesprächsbereit ist und auf Digital Access im Rahmen einer Contract Conversion Das Thema Digital Access werde ich in einem weiteren Beitrag detailliert beleuchten. Es ist essenziell hier abweichende Vereinbarungen zum Standard mit SAP zu schließen. Falls man dies übersieht, begibt man sich in ein unkalkulierbares finanzielles Risiko für die Zukunft.
Wie sollte man die Vertragsumstellung nach S/4HANA optimal durchführen?
Wichtig ist, sich nicht unter zeitlichen Druck setzen zu lassen! Jeder Rabatt, den SAP zeitlich befristet ankündigt, wird auch zu einem späteren Zeitpunkt verhandelt werden können. Mit der Product Conversion hat man eine risikoarme Möglichkeit, zu überschaubaren Kosten S/4-Produkte zu nutzen. Damit verschafft man sich Zeit, vernünftig mit SAP darüber zu verhandeln, unter welchen Bedingungen eine Contract Conversion akzeptabel ist.
Die Bestandsaufnahme der vorhandenen Lizenzen (inklusive der Shelfware) ist dann der erste notwendige Schritt. Dabei müssen auch alle Sondervereinbarungen aufgelistet werden. Parallel dazu sollte mit den Fachbereichen ermittelt werden, welche zukünftige Nutzung der SAP-Software sinnvoll wäre (Zeithorizont 3-5 Jahre).
Eine genaue Analyse der benötigten User-Lizenzen unter einem S/4-Vertrag ist unabdingbar. Die Nutzertypen sind völlig neu definiert – für manche Kunden zum Vorteil, oft aber auch zum Nachteil.
Genauso ist eine detaillierte Überprüfung der aktuell genutzten SAP-Funktionen notwendig und die Frage zu klären, durch welche Produkte diese in der neuen Welt abgebildet werden. Das reine Produkt-Mapping greift hier zu kurz.
Als nächstes geht es darum, alle Dinge in dem neuen Vertrag zu regeln, die in der Vergangenheit zu Problemen führten: keine Artikelnummern in den Verträgen, keine verständlichen Beschreibungen der Metrik und ihrer technischen Vermessung, keine aktive Benachrichtigung beim Wegfall von Lizenznotwendigkeiten etc.
Das S/4HANA-Produktportfolio wächst noch schnell. Die Funktionalitäten der Produkte verändern sich. Die Planbarkeit dessen, welche Produkte man in 5 Jahren benötigt, ist nicht vorhanden. Deshalb sollt man sich ein umfangreiches und langfristiges Konfigurationsrecht einräumen lassen. Sonst hat man am Ende wieder viele Produkte im Vertrag, für die Wartung gezahlt werden muss, die aber nicht – oder in geringerem Umfang – benötigt werden.
Mit diesen Punkten hat man eine gute Grundlage für die Verhandlung gelegt. Ob alle Forderungen umgesetzt werden können, hängt von vielen Faktoren ab. Mit der Product Conversion hat aber jeder SAP Kunde die Möglichkeit einen besseren Zeitpunkt für die Umstellung abzuwarten.
S/4HANA CONVERSION SERVICES
Gehören Sie auch zu den Hundertausenden von SAP-Kunden, die wissen, dass SAP R/3 nur noch bis 2027 gewartet wird und vor der Herausforderung stehen den Wert Ihrer erworbenen SAP-Lizenzen in die neue Welt des S/4HANA zu transferieren? SAP bietet Bestandskunden grundsätzlich zwei Möglichkeiten einer Vertrags-Conversion an. Welche in Ihrem Fall die bessere ist, lässt sich nur nach gründlicher Analyse feststellen. Die Erfahrung aus vielen Umstellungsprojekten zeigt, dass neben den zwei grundsätzlichen Modellen, viele individuelle Regelungen mit SAP verhandelbar sind. Denken Sie daran, dass Sie mit dem Vertragswechsel die Weichen für Ihre Geschäftsbeziehung mit SAP bis 2040 stellen. So lange wird bisher der Support für S/4HANA garantiert.
S/4HANA Conversion Services enthalten:
- SAP Entitlement Analysis Services
- Alle relevanten Lizenz- und Vertragsdaten ermitteln
- Sondervereinbarungen identifizieren
- SAP Usage Analysis Services
- Vermessungsprotokolle der letzten 3 Jahre analysieren
- Optimierungspotenziale ermitteln
- Nicht genutzte Produkte identifizieren („Shelfware“)
- SAP Vision and Scope Services
- Die mittelfristige SAP-Strategie beim Kunden ermitteln
- Die neue S/4HANA-Produktzusammenstellung festlegen (neue „Bill-of-Material“)
- Die Timeline für die Migration auf die neuen Produkte definieren
- SAP Negotiation Services
- Verhandlungsziele (Kosten, Klauseln, Grauzonen in den SAP-Lizenzbedingungen eliminieren) definieren
- Verhandlungsstrategie festlegen
- Coaching während der Verhandlungen
Nutzen
- Die Vertragsumstellung auf S/4HANA wird genutzt, um eine optimale Grundlage für die weitere Nutzung von SAP-Software zu legen
- Zukünftige Risiken werden vermieden (z.B. indirekte Nutzung)
- Vorteilhafte Vertragsbedingungen aus den Altverträgen werden in den Verhandlungen genutzt.
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Der Autor
Wolfgang Stratenwerth
Geschäftsführer und SAP Lizenzexperte der SAMtoa GmbH